/ November 3, 2018

‚aesthetics of medial truth‘ (Geisteswissenschaftliches Kolleg der Studienstiftung 2017-2019): My contribution on representations of medieval architecture

Abstract

Großformatige Baukörper unabhängig von ihrem Standort rezipieren will, ist auf die Vermittlung in einem anderen (sprachlichen, visuellen) Medium angewiesen . Die Popularität von Tafelbänden zur mittelalterlichen Architektur im 19. Jahrhundert gründet unter anderem auf einem zunehmenden nationalpolitischen Kulturinteresse.

Die in den Kollegwochen erarbeiteten Dimensionen bilden den Ausgangspunkt der Arbeit. Besonders hervorgehoben werden soll die Frage nach der Inszenierung der architektonischen Fakten in den Druckgraphiken und die Analyse der einflussnehmenden Akteure. Letztere geben Aufschluss darüber, unter welchen organisatorischen, politischen, ökonomischen oder ideologischen Bedingungen die faktischen Inhalte inszeniert wurden, die Dimension der Macht. Um diese Leitfragen beantworten zu können, werden drei deutschsprachige Beispiele untersucht, die 1. eine nationale oder nach Nationen gegliederte Kulturgeschichtsschreibung ankündigen, 2. exemplarisch dem Bildkanon vergleichbarer Bände entsprechen und 3. in den Paratexten ausreichend Informationen zu beteiligten Akteuren bereithalten. Dafür werden die Tafeln bildrhetorisch untersucht, die beigefügten Texte sprachlich wie inhaltlich analysiert und die historischen Kontexte anhand der Paratexte beleuchtet. Ziel ist es, die Charakteristika dieser medialen Wahrheiten zu benennen und die Mechanismen zur Authentifizierung und Konstruktion von visuellen Wahrheiten anzusprechen.

 

Die visuelle Inszenierung mittelalterlicher Architektur im 19. Jahrhundert. Zur Ästhetik der Wahrheit im Bildmedium

Lange galt die griechische und römische Antike als der künstlerische und kulturelle Höhepunkt der europäischen Kultur. Das Mittelalter dagegen verschwand als freudlose und künstlerisch unproduktive, ja degenerierte Epoche aus dem Interessensgebiet der Sammler und Wissenschaftler.

„Mit welcher unerwarteten Empfindung überraschte mich der Anblick, als ich davortrat. Ein ganzer, großer Eindruck füllte meine Seele, den, weil er aus tausend harmonierenden Einzelheiten bestand, ich wohl schmecken und genießen, keineswegs aber erkennen und erklären konnte. Sie sagen, daß es also mit den Freuden des Himmels sei, und wie oft bin ich zurückgekehrt, diese himmlisch-irdischte Freude zu genießen, den Riesengeist unsrer ältern Brüder in ihren Werken zu umfassen. Wie oft bin ich zurückgekehrt, von allen Seiten, aus allen Entfernungen, in jedem Lichte des Tages zu schauen seine Würde und Herrlichkeits. Schwer ist’s mit dem Menschengeist, wenn seines Bruders Werk so hoch erhaben ist, daß er nur beugen und anbeten muß. Wie oft hat die Abenddämmerung mein durch forschendes Schauen ermattetes Aug mit freundlicher Ruhe geletzt, wenn durch sie die unzähligen Teile zu ganzen Massen schmolzen und nun diese, einfach und groß, vor meiner Seele standen und meine Kraft sich wonnevoll entfaltete, zugleich zu genießen und zu erkennen.“ (Goethe, Von deutscher Baukunst, 1770-72)

Goethes Ansichten von der mittelalterlichen Baukunst wandelten sich im Verlauf seiner Werke. Im ersten Teil seiner italienischen Reise äußert er sich noch abwertend über die gotische Kunst im Vergleich zur ihr überlegenen römisch- und griechisch-antiken Kultur. Mit der hymnischen Beschreibung des Straßburger Münsters zeigt sich dann eine völlig andere Begeisterung für diese „altdeutsche“ Architektur. Die Gotik wird für Goethe zur Empfindungsarchitektur und zum herausragenden Beispiel deutscher Baukunst.

Diese Entwicklung ist programmatisch für das Ende des 18. Jahrhunderts wachsende Interesse an der mittelalterlichen Kultur und Architektur. Die französische Revolution und die zeitgleich immer lauter werdenden Wünsche nach nationaler Identität entfachten im ausgehend 18. Jahrhundert das Interesse, nahezu eine Sehnsucht, nach dem Mittelalter.

Im Zuge der Säkularisierung und der Zwangsenteignungen während der französischen Revolution wurde das mittelalterliche Kulturgut besitzerlos. Zerstörung und Zweckentfremdung der Bauteile, Ausstattungselemente oder lithurgischen Requisiten waren die Folge. Diese unvorhergesehenen Entwicklungen befeuerten eine neue Bewegung: die Denkmalpflege. Zunächst waren es einzelne Sammler und Liebhaber, die sich anstelle des Staates der Objekte annahmen, im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde die Denkmalpflege jedoch schnell institutionalisiert.

Dieses neue Interesse am eigenen, als national betrachteten Kunstschatz entfachte neue Diskussionen: Wie soll mittelalterliche Kunst gesammelt oder ausgestellt werden? Was bedeutet Restaurierung? Wie kann Architektur visuell vermittelt werden? Was bedeuten die neuen Erkenntnisse für die Architektur- und Kulturgeschichte?

Das Dilemma der visuellen Vermittlung architektonischer Körper ist der Ausgangspunkt der folgenden Beobachtungen, die sich mit der zentralen Frage beschäftigen, wie im Buchmedium die grundsätzliche Unmöglichkeit der Darstellung (aufgrund der Größenverhältnisse, der Dreidimensionalität, der Materialität etc.) gelöst wird und welche (graphischen) Übersetzungsmethoden dafür herangezogen werden. Die hier vorgestellten Ergebnisse sollen einen Beitrag zur Diskussion um die Ästhetik der medialen Wahrheit leisten und zeigen, dass vielfältige Perspektiven auf eine Wahrheit nicht nur eine zentrale Eigenschaft der Druckgraphiken sind, sondern, dass sie selbst dadurch zu produktiven Akteuren in einer spezifischen Narration, wie zum Beispiel der nationalen Geschichtsschreibung, werden.

Bis ins frühe 20. Jahrhundert zeichneten sich beispielsweise Ausstellungen und Museumskonzepte zur mittelalterlichen Architektur dadurch aus, dass weniger die chronologische Aufreihung architektonischer Formen im Zentrum steht, sondern die Rekonstruktion und Imagination von Raumensembles unter Einbeziehung originaler Fragmente angestrebt wird.[1] Diese Fragmente dienen, als Stilproben oder als für typisch erachtete Strukturelemente, der Kontextualisierung anderer Kunstwerke. Sie werden so unter anderem zu Elementen fiktiver Monumente im Rahmen der Ausstellungsnarration. Es stellen sich hier nicht nur Fragen nach der Visualisierungs- und Ausstellungsform, sondern auch nach ihrem jeweiligen Kontext, dem „narrativen Überbau“.[2] Können diese Vermittlungsstrategien auch im Buchmedium festgestellt werden? Welche Wahrheit wird in den Büchern inszeniert und wer verantwortet diese Inszenierung?

Visuelle Medien als Orte der Authentizität und Glaubhaftigkeit

Frühe Tafelbände von Johann Bernhard Fischer von Erlach (1721), Julien-David Leroy (1764), Jean-Nicolas-Louis Durand/ Jacques-Guillaume Legrand (1800), Louis-Francois Cassas (1806), John Britton (1807-1826) und Séroux d’Agincourt ([1810-] 1823) regten das publikatorische Interesse am Mittelalter allgemein und der mittelalterlichen Architektur im Besonderen zum Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhundert an. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts entstand schnelle eine große Anzahl verschiedener wissenschaftlicher Publikationen, Prachtbänden und kunstvermittelnden Tafelbänden. Diese sind nicht nur in ihrer schieren Menge interessant, sondern auch aufgrund des besonders vielseitigen Gebrauchs unterschiedlicher Drucktechniken: Dominieren Ende des 18. Jahrhunderts noch die Kupfertafeln den Markt, wird die Lithographie mit Beginn des 19. Jahrhunderts vermehrt eingesetzt. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kommen häufiger auch die Heliogravure oder das Holzstichverfahren und schließlich natürlich auch die photographischen Druckverfahren zum Einsatz.

Doch anders als die mechanische Photographie sind die druckgraphischen Verfahren, Techniken, die auf händischen, nichtmaschinellen Tätigkeiten verschiedener Akteure beruhen: Zeichner, Stecher, Drucker und beispielsweise Buchverleger oder -binder. Die fehlende ‚Objektivität‘ oder Wahrheitstreue menschlicher Wahrnehmungsprozesse und Wiedergabemethoden muss hier nicht diskutiert werden. Vielmehr soll aber darauf hingewiesen werden, dass bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, mit dem Fehlen anderer mechanischer und objektiverer Lösungen, die druckgraphischen Bildmedien als adäquates Wiedergabeinstrument betrachtet wurden. Grundlegend bei der Übertragung eines Gegenstandes oder Sujets in die Druckgraphik ist der damit verbundene Medienwechsel, der als Übersetzungsprozess verstanden werden kann. In dem hier vorliegenden Fall wird das dreidimensionale Objekt in eine zweidimensionale Darstellung aus verschiedenen Farbpigmenten übertragen. Diese formen mal eine Schwarzweiß-Abbildung mal eine von Hand nachkolorierte oder sogar farbig gedruckte Repräsentation des Originals. Die Wahl der jeweiligen Drucktechnik hat dabei einen erheblichen Einfluss auf das Endergebnis. So kann man grob malerisch-wirkende Techniken, wie die Kreidelithographie, die Heliogravure oder die Aquatinta von linear-wirkenden Stichtechniken, wie dem Kupferstich oder der Kaltnadelradierung unterscheiden. Die Wahl der jeweiligen Technik erfordert außerdem verschiedene vorbereitende Tätigkeiten, Zeichnungen oder mehrmalige Druckvorgänge. All diese Faktoren führen dazu, dass ein und das selbe Gebäude in mannigfaltiger Form zu Papier gebracht wird. Ganz so als würde ein Text in verschiedene Sprachen übersetzt werden.

Parallel zur rasanten Entwicklung der einzelnen Wissenschaftsfelder übernahm das graphische Bild zunehmend eine tragende Rolle im wissenschaftlichen Diskurs. In der Botanik, der Physiognomik und anderen zeitgenössischen Naturwissenschaften erhielten sogenannte ‚Planches Explicatives‘ früher Einzug als in kunstwissenschaftlichen Handbüchern. Die Beschreibung der Kunstwerke in Worten wurde im wissenschaftlichen Kontext zunächst weiter bevorzugt. Gleichzeitig gab es jedoch bereits seit dem 15. Jahrhundert nachweislich druckgraphische Kunstreproduktionen, die Sammlern als Ersatz oder Anschauungsobjekt für unzugängliche Kunstobjekte dienten. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis im Laufe des 18. Jahrhunderts das Bild auch die kunstwissenschaftliche Literatur eroberte.

„Vergleichende Architekturgeschichte ist auf Bilder angewiesen. Diese Bilder materialisieren im Fall von geografisch distanten Bauwerken den Blick eines Betrachters, der durch seine eigene Anwesenheit an den entsprechenden Orten für Authentizität und Glaubwürdigkeit einsteht.“ [3]

Doch sind diese materialisierten Blicke auf die Architektur als Orte der Authentizität und Glaubwürdigkeit zu betrachten?

Nicht nur die Sujetwahl, Bildausschnitt und Perspektive haben Auswirkungen auf die Darstellung des architektonischen Körpers, sondern auch die Wahl der jeweiligen Drucktechnik oder des spezifischen Reproduktionsverfahren. Die technischen Bedingungen sind somit ein ebenso wesentliches Element einer vom Ausführenden bewussten, visuellen Konstruktion des Abbildes. Gerade die gleichzeitig gebräuchliche, technische Vielfalt führt dazu, dass Autoren, Herausgeber und reproduzierende Künstler in den Paratexten (Vorwörter, Erklärungen, Schlusswörter etc.) die Wahl des Mediums begründen.

Matthias Noell, der mit seinen Studien einen wichtigen Beitrag zur aktuellen wissenschaftlichen Diskussion über die Visualisierung des Mittelalters leistet, beschreibt verschiedene Darstellungsweisen, die je ein unterschiedliches Zielpublikum ansprechen sollen oder die intendierte Lesart unterstützen: Er unterscheidet zum Beispiel zwischen malerischen Darstellungsweisen für Ansichten oder Interieurs und maßstabsgetreuen Aufrissen, Grundrissen oder Detailansichten mit feinen Umrisslinien.[4] Diese Problematik findet auch in den aktuellen Arbeiten von Matteo Burioni, Daniela Mondini sowie bei Klaus Niehr Ausdruck. Die Autoren stimmen darin überein, dass die Visualisierungen abhängig von einem funktionalen Kontext, der sowohl die organisatorischen und ideellen Rahmenbedingungen wie auch die beteiligten Akteureumfasst, sind. Bei der visuellen Wiedergabe von Architektur kann also, ähnlich wie bei einer literarischen Übersetzung, nie ein Zustand völliger Wirklichkeitstreue erreicht werden. Dementsprechend steht für Mondini bei den Graphiken in Séroux d’Agincourts geschichtemachenden Prachtbänden der Histoire de l’arts par les monuments (1823) nicht die Wirklichkeitstreue im Zentrum, sondern der Mehrwert ihrer Repräsentation.[5] Doch welcher Mehrwert wird in den Visualisierungen von mittelalterliche Architektur bezweckt? Welche künstlerischen Mittel werden mit welchen Absichten eingesetzt? Und wie gestaltet sich die ihnen zugrunde liegende Bildregie?

Im wissenschaftlichen Diskurs zur Visualisierung mittelalterlicher Architektur werden folgende Merkmale festgehalten: Die architektonischen Monumente werden „bildlich konserviert“[6] und als eine „Stilprobe“[7] für die Geschichte der architektonischen Stile ausgewiesen. Dieser Vorgang beinhaltet immer eine „Neutralisierung“, eine „Homogenisierung“ oder/und die Anpassung an eine „wissenschaftliche Optik“.[8] Klaus Niehr bezeichnet diesen Vorgang als „sehen als“. Die Wahrnehmung wird segmentiert und angepasst. Die Auflösung der Gesamtstruktur des Originalobjektes im Visualisierungsprozess ist die Grundlage für ihre vergleichende Betrachtung und das „Prinzip der Multiperspektivität“[9] ermöglicht eine Bewertung äußerer Ähnlichkeiten und Differenzen.[10] Dabei muss auch die Rückbindung an das Original thematisiert werden. Die Visualisierung hat dementsprechend einen Einfluss auf die Sichtweise der Originale. Die Bilder sind „zeitlich nachgelagert“ und das Kunstwerk wird in ihnen zum Gegenstand der Vermittlung. Es wird historisiert, akzentuiert und nach Bedarf angepasst.[11]

„Die Vergleichung aber ist die Mutter des Urtheil[s]“ – Architektur im Bild

Weshalb werden im 19. Jahrhundert zunehmend Bilder schriftlichen Kunstbeschreibungen vorgezogen? Die Popularität graphischer Visualisierungsmethoden im Buchmedium nimmt im 19. Jahrhundert exponentiell zu, besonders auch in kunst- und architekurgeschichtlichen Bänden.

Die Ekphrasis ist die literarische Beschreibung eines Kunstwerkes, wie sie klassischerweise bei der Beschreibung des Schilds von Achilles in Homers Ilias oder Gottholf Ephraim Lessings Laokoon; oder, über die Grenzen der Malerei und Poesie von 1766 zum Tragen kommt. Letzterer betont die jeweiligen Eigenschaften der literarischen und der künstlerischen Vermittlung von Bildern. Er bemängelt dabei den unreflektierten Vergleich der beiden. Um den Ausdrucksmöglichkeiten der bildenden Kunst gänzlich gerecht zu werden, eigne sich die Sprache nicht.[12] Dieser sogenannte Unsagbarkeitstopos wird schon im 12. Jh. von Richard de Forunival aufgegriffen. Er empfand, dass lebendige Tiere allein durch die Malerei umfassend darstellbar wären, weshalb er für sein Bestiaire Bilder benötigte. Vasari verwendete ein ähnliches Argument, anlässlich der Besprechung Michelangelos Jüngstem Gericht, in der er auf in Umlauf befindliche Reproduktionen verweist und deshalb selbst von einer schriftlichen Beschreibung absieht.[13] Dem Bilderatlas zu Kuglers Handbuch der Kunstgeschichte stellte der Herausgeber Ernst Guhl 1851 folgende einleitenden Worte voran, die programmatisch das Vorhaben einer visuellen Kunstgeschichte bezeichnen und deutlich den Vorteil des Bildes vor dem Text betonen:

„Aber wenn irgendwo der Buchstabe tödtet, wenigstens nicht lebendig macht, so ist es in der Kunst. Und selbst der Geist, der in ihr ist oder mit ihrer Behandlung verknüpft wird, hinterlässt keine Saatfurchen, wo nur gelesen und gehört, nicht gesehen werden soll. Gerade je näher das bisher Zerstreute sich zusammen findet und das für Eines Gehaltene sich trennt, desto lebendiger muss das Verlangen nach Anschauung rege werden. […] Selbst den Begünstigsten ist es nicht möglich, die Eindrücke [die sie vor Ort aufnehmen] sich in entsprechender Stärke zu bewahren oder sie in ihrer Zeitfolge auf sich wirken zu lassen. Und ganz unmöglich ist es, auch nur die Haupt-Werke zur Vergleichung neben einander zu haben. Die Vergleichung aber ist die Mutter des Urtheil und ohne gründliches, d.h. geschichtliches Urtheil kommt die Kunst nimmermehr über einen bodenlosen Dilettantismus und Anachronismus hinaus. […] “[14]

Charakteristisch sind die aus diesem Band als Beispiele herausgegriffenen beiden lithographischen Tafeln aus dem dritten Abschnitt die Denkmäler der romantischen Kunst in Deutschland. Darauf abgebildet sind unter anderem Ansichten des Freiburger Münsters, des Domes von Magdeburg, der Kathedrale von Straßburg, des Domes von Meißen, des Domes von Regensburg, des Ulmer Münsters, von St. Lorenz in Nürnberg und des St. Stephansdoms zu Wien.

Tafeln CXX und CXXII aus Guhl, Ernst; Caspar, Joseph (1851): Denkmäler der Kunst zur Übersicht ihres Entwicklungs-Ganges von den ersten künstlerischen Versuchen bis zu den Standpunkten der Gegenwart. Zweiter Band. Denkmäler der Romantischen Kunst. Stuttgart: Verlag von Ebner & Seubert. –  Digitalisat der Universitätsbibliothek Heidelberg [Zugriff 04.05.2018].

Häufig werden, wie in den hier ausgewählten Darstellungen mehrerer Baudenkmäler in Grundrissen, Aufrissen und Innenansichten auf einer Platte zusammengestellt und angeordnet. In anderen Fällen, hier beispielhaft aus Kallenbachs Geschichts-Atlas gegriffen, werden lediglich einzelne architektonische Fragmente einander gegenübergestellt. Dabei sticht die ästhetische, auf Symmetrie und Rahmung bedachte Anordnung der Einzelteile ins Auge.

Theile aus dem Kreuzgange und Dormitorium des Klosters Bebenhausen in Schwaben. Tafel LXXVII aus Kallenbach, Georg Gottfried. Atlas zur Geschichte der deutsch-mittelalterlichen Baukunst Atlas). München ca. 1847 – Digitalisat der Universitätsbibliothek Heidelberg [Zugriff 04.05.2018].

Die einzelnen Bauelemente sind außerdem vereinheitlichend dargestellt und an die Kompostion der Buchseite angepasst. Die hier stellvertretend herausgegriffenen Blätter sind alle im Steindruck, der Lithographie, umgesetzt. Die Umrisslinien wurden in der gestochenen Manier übertragen. An einigen Stellen sorgt eine kontrastreiche Schattierung in der Keidelithographie oder der gespritzten Manier für einen dreidimensionalen, malerischen Eindruck. Auch einzelne ganzseitige Darstellungen ausgewählter Monumente sind charakteristisch für das 19. Jahrhundert. Ebenfalls in dem Band von Kallenbach findet sich beispielsweise folgende (mehrfach gefaltete) Darstellungen zum Kölner Dom, die zum Betrachten ausgeklappt werden kann. Die einzelnen Baudenkmäler werden in monographischer Manier aus den stiltypischen Vergleichen isoliert und dadurch ihre repräsentative Bedeutung hervorgehoben.

Der Thurm des Domes zu Köln. Tafel TL aus Kallenbach, Georg Gottfried. Atlas zur Geschichte der deutsch-mittelalterlichen Baukunst (Atlas). München ca. 1847 –  Digitalisat der Universitätsbibliothek Heidelberg[Zugriff 04.05.2018].

Grundsätzlich folgt die Wahl der Visualisierungsform einer Argumentationsstruktur, die manchmal (nicht immer) durch Textbeigaben begründet oder unterstrichen wird. Diese hier zusammengefassten, gängigen Formen der Darstellung entsprechen der in der Forschung hervorgehobenen Tendenz zur Homogenisierung und Verwissenschaftlichung der dargestellten Objekte. Sie begünstigen eine vergleichende Betrachtung der einzelnen Bauelemente und Stile. Die kombinatorischen Bildarragements können als „Versuchsanordnungen“ dienen. Sie werden zum „visuellen Archiv der europäischen Architektur“. Burioni konstatiert, dass „das vergleichende Sehen als analytische Grundoperation wie auch die diagrammatische und tabellarische Aufbereitung von visuellen, chronologischen und stilgeschichtlichen Daten [eine] weitverbreitete[s] Verfahren […] in der Kunstgeschichte“ darstellen.[15]

„Sowohl einzelne Bildtafeln, als auch die Zusammenstellung verschiedener Motive auf sogenannten Mehrfachbildern [setzten sich im 18. Jahrhundert im Buchmedium durch]. Diese Mehrfeldbilder weisen zurück auf die Anfänge der Heilsdarstellungen. Ihre erzählende, oder auch aufzählende Form wurde von Anfang an zur Unterweisung genutzt. Die Nebeneinanderstellung diente dazu, den Betrachter anzuregen und sein Erinnerungs-, Kombinations- und Interpretationsvermögen zu schulen. Im 18. Jahrhundert rückte insbesondere die Vergleichbarkeit der einzelnen Bildfelder in den Vordergrund. Der Wechsel bei der Betrachtung verschiedener Bildfelder sollte beim Rezipienten ein ordnendes und vergleichendes Sehen auslösen, das zur Urteilsfindung beiträgt.“[16]

In unserem Fall sollen diese Formen der Visualisierung zunächst als ‚sachliche‘ Methode beschrieben werden. Sie zeichnet sich also durch eine Vereinheitlichung der Darstellungsweise, eine Gliederung der Darstellung in verschiedene kanonisierte Ansichten (Grundriss, Aufriss, Ansichten, Details) und die sorgfältige Katalogisierung der dargestellten Objekte und Elemente aus. Davon zu unterscheiden ist die ‚malerische‘ Darstellungsweise, die im Laufe des 19. Jahrhunderts augenscheinlich aus dem wissenschaftlichen Diskurs verdrängt wurde. Sie entspricht vielmehr der vorangestellten poetischen Beschreibung mittelalterlicher Architektur bei Goethe. Dabei spielt das romantische Verständnis von einem Erkenntnisgewinn durch die Stimulation der Einbildungskraft eine wesentliche Rolle. Die Einbildungskraft diente unter anderem dazu einen ursprünglichen, idealisierten Zustand zu imaginieren. Das „architektonische Fragment [wird zum] Stimulans solcher Projektionen und Einladung zu intellektueller Auseinandersetzung“. Diese Verbindung erklärt auch die Legitimität des für heutige Verhältnisse als fraglich zu bewertende Restaurierungsmethoden Eugène-Emmanuel Viollet-le-Ducs. Der in seinem Dictionnaire raisonné de l’architecture francaise du Xie au XVIe siècle Restaurierung folgender Maßen definiert: „Restaurer un édifice, ce n’est pas l’entretenir, le réparer ou le refaire, c’est le rétablir dans un état complet qui peut n’avoir jamais existé à un moment donné.“[17]

Vor diesem Hintergrund ist auch die These von Francis Haskell relevant, der die bildenden Künste als einen „Index der Gesellschaft“ (Index of Society) charakterisiert. Damit waren die Architekturen und Artefakte nicht nur zu Stimulanten der Empfindung, sondern auch zu Dokumenten über den Zustand einer (historischen) Gesellschaft, einer Nation oder eine kunstgeschichtlichen Epoche. „It had become almost conventional to assert that the arts of a country could give a more reliable impression of its true character […]”[18].

Zusammengenommen kann somit festgehalten werden, dass der Kunstwissenschaftler und wiedergebende Künstler bei der Visualisierung mittelalterlicher Kunst einen ursprünglichen Zustand imaginieren und dieser als wahrheitsgetreue Aussage über eine bestimmte Nation oder Epoche gelten konnte. Als Beispiel für diese Vorstellung von der Ästhetik medialer Wahrheit im Buchmedium sollen hier zwei Blätter aus Alexander Freiherr von Minutolis Werk Der Dom zu Drontheim und die mittelalterliche christliche Baukunst der scandinavischen Normannen. […] nebst zwölf lithographirten Tafeln (Mit 168 Abbildungen). Verlag von Dietrich Reimer, Berlin 1853. (12 Lithographien) erwähnt werden.

Lithographie aus Alexander Freiherr von Minutoli „Der Dom zu Drontheim und die mittelalterliche christliche Baukunst der scandinavischen Normannen“ (Berlin 1853). [Foliantenbestand des Kunsthistorischen Instituts der Universität Tübingen, Photographie: Gaia Englert].

Im Unterschied zu den bereits genannten Blättern aus den Publikationen von Ernst Guhl oder Georg Kallenbach wird die Abbildung des Objekts hier überwiegend mit malerischen Mitteln umgesetzt. Darunter kann man zum einen die kontrastreiche Lichtführung und die detaillierte Schattierung der einzelnen Bildkompartimente verstehen, aber auch insbesondere die narrative Bildkomposition. Auf einem Blatt, das als kanonische Außenansicht konzipiert wurde, wird nicht nur die Ostfassade des Sakralbaus mit den sie bezeichnenden architektonischen Merkmalen festgehalten, sondern der gesamte Baukörper in eine Landschaftsszenerie eingebettet. Darüber hinaus wurde im vorderen rechten Bildbereich unmittelbar vor dem Dom eine Begräbniszeremonie mit mehreren Figuren in mittelalterlichen Kostümen eingefügt. Der Einsatz von Staffagefiguren in der Landschaftsmalerei ist üblich und dient der Veranschaulichung von Größenordnungen. Außerdem tragen Staffagefiguren üblicherweise zur Funktionsdefinition der Landschaft bei: Eine Landschaft mit Feldern wird von Bauernfiguren begleitet, Stadtansichten von Passanten oder Bewohnern. Hier übernimmt die Figurengruppe zwar diese beide Funktionen, die letztere wird jedoch deutlich erweitert. Die Figuren geben nicht nur einen Hinweis auf die angenommene Entstehungszeit der Architektur, sondern auch auf die Bedeutung der Kirche für diese historische Gesellschaft. Das Beerdigungszeremoniell sorgt außerdem für eine erhabene und schwermütige Stimmung, die perfekt auf die kanonisierten Betrachtungsformeln mittelalterlicher Sakralarchitektur zugeschnitten ist. Wie bei Goethe zu lesen war, werden die Bauten ob ihrer Größe und Monumentalität zum Sinnbild der Übermächtigkeit Gottes. Das Mittelalter, dessen Baumeister diese Architekturen hervorbrachten, begreifen die Zeitgenossen als das Zeitalter des Glaubens. Augustus Welby Northmore Pugin (1812 – 1852), einer der einflussreichen, englischen Mittelalterenthusiasten, sieht einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Religiosität und gotischer Architektur. Haskell charakterisiert dessen Annahmen dazu folgender Maßen: „The true Gothic style could be revived only if true fith could be revived; correspondingly, true Gothic architecture provided an indication of the religious sincerity of earlier communities […]”.

Neben der Relevanz des christlichen Glaubens für das Verständnis und die Vermittlung mittelalterlicher Architektur wird auf dem hier abgebildeten Blatt die bereits erwähnte Stimulation der Einbildungskraft deutlicher. Gezeigt wird eine Innenansicht der westlichen Chorkapelle, die ein mittelalterliches Grabmal mit Grabfigur und Sarkophag beherbergt. Dieser Bildmittelpunkt wird durch die das Grab umgebende Architektur hervorgehoben. Den Eingang zu der einjochigen Seitenkapelle mit Kreuzgratgewölbe bildet ein reich faszierter Arkadenbogen. Die spitzbogige Form wird in schmaleren, seitlichen, sich überschneidenden Blendarkaden und tatsächlichen Arkadenbögen rhythmisch weitergeführt. Durch zwei hochansetzende Fensteröffnungen fällt Licht in den ansonsten eher dunklen Innenraum. Der Lichteinfall beleuchtet die Figurengruppe im Vordergrund, die unterhalb des Grabmals angeordnet ist wie auf einer Bühne. Eine männliche und eine weibliche Figur in mittelalterlicher Kostümierung scheinen in ein Gespräch vertieft zu sein. Rechts hinter den beiden öffnet sich im Fußboden eine Vertiefung, in die eine Leiter hinabführt. Betrachtet man das Bild aus rezeptionsästhetischer Perspektive, so wird schnell deutlich, dass die verschiedenen hier genannten Elemente des Bildes Leerstellen darstellen, die den Betrachter dazu ermutigen, das weitere oder vorausgegangene Geschehen zu imaginieren und fehlende Informationen durch eigenes Wissen und mithilfe der Einbildungskraft zu vervollständigen. Wessen Grabmal ist hier abgebildet? Wer sind die beiden Figuren im Vordergrund? Was hat es mit der geöffneten Luke auf sich, führt sie zum tatsächlichen Grab?

Die effektvolle Umsetzung des Themas durch eine kontrastreiche Lichtführung und die detailreiche Ausgestaltung der einzelnen Bauelemente und Arrangements begünstigt die narrative Rezeption der Innenansicht. Vergleicht man diese beiden Ansichten mit den hier als ‚sachlich‘ bezeichneten Darstellungsmodi, wird deutlich, dass dort die Staffagefiguren lediglich zur Veranschaulichung, wenn auch Überhöhung, der Größenverhältnisse positioniert werden. Auch die Lichtgestaltung und Schattierung der einzelnen Bauelemente sind weniger dramatisch umgesetzt und folgen keiner offensichtlichen historisierenden Erzählung.

Mehrere Schichten von Wirklichkeiten – die Paratexte der Bücher

Treten wir einen Schritt zurück und betrachten die einzelnen Graphiken im Kontext des sie umgebenden Buchmediums, werden weitere Aspekte der Visualisierungsstrategie deutlich. Die sogenannten Paratexte, deren Definition auf Gerard Genette zurückzuführen ist, werden unterteilt in die ‚Peritexte‘, die den Haupttext unmittelbar umgebenden Textsorten wie Titelblatt, Verlegerinformationen, Adressierungen, Vorwörter, Kommentare, Fußnoten, Register usw., und die ‚Epitexte‘. Letztere sind vom Buchkörper unabhängige Textformen, wie briefliche Kommentare, Verlagsankündigungen oder Annoncen.

„Ein Buch […] ist immer ein komplexes Gefüge von Einzelformen. Jedes der dabei selektiv kombinierten Elemente ist befestigt in einem und als ein Bündel von – mehr oder weniger material verfassten, in praktisch buchmalerischem, verlegerischem und schriftstellerischem Wissen überlieferten – Konventionen.“[19]

Ich werde mich im Folgenden, um den Umfang dieser Arbeit nicht zu überreizen, in erster Linie auf die Peritexte beziehen. Genauer bedeutet das, dass für die hier vorliegenden Tafelbände von Ernst Guhl, Georg Kallenbach und Alexander Freiherr von Minutoli eine kurze Darstellung der bekannten verlegerischen Hintergründe, die Analyse der Vorwörter und anderer relevanter Nebentexte sowie die Rechercheergebnisse zur Provenienz der Blätter dargelegt werden. Bei den drei Werken handelt es sich zum einen um architekturgeschichtliche Bände, zum anderen aber – im Fall des Bandes von Freiherr von Minutoli und Kallenbach – um eine Beschreibung nationaler Kunststile. Das Werk von Guhl der Anspruch verfolgt dagegen das Ziel, eine zwar nach Nationen gegliederte aber umfassende Kunstgeschichte zu schreiben.

Merz fasst in dem bereits zitierten Vorwort zu den Tafelbänden von Ernst Guhl den Anspruch und das angestrebte Ziel des Vorhabens zusammen:

„Erst mit einem Atlas kann die Kunst-Geschichte ihren siegreichen Einzug namentlich in die Schulen und Hörsäle halten, von denen auch die Kunst und Schönheit ihre Zukunft erwartet. Muss selbst dem mit der Kunst-Welt und Kunst-Geschichte schon Vertrauten die Möglichkeit willkommen sein, jederzeit das Wichtigste und Bedeutsamste der verschiedenen Epochen übersichtlich zur Hand zu haben, so ist vollends für den Anfänger die Verbildlichung unentbehrlich und ohne sie jede geschriebene Kunst-Geschichte ein Buch mit sieben Siegeln. […] Der Gedanke einer Kunst-Geschichte in Bildern ist nicht neu. Aber wie unbrauchbar nach Inhalt und Form für Heute das bekannte und verdienstliche Werk von d’Agincourt ist, weiss Jedermann. Ausserdem findet der Vortrag und das Studium der Kunst-Geschichte kein umfassendes Hülfs-Mittel zur Hand. So soll denn in diesen Blättern die ganze Entfaltung der bildenden Künste sich veranschaulichen so gut als auf so wenig Raum so Vieles sich zusammendrängen lässt. Es gilt, in grösseren und kleinern Umrissen wo es nöthig ist in ausgeführterer Darstellung am Leitfaden eines stetig auf das Handbuch sich zurückbeziehenden Textes, die möglichste Verständigung über den Werde-Gang der Künste bei den verschiedenen Kunst-Völkern nach ihren am meisten hervortretenden und bezeichnenden Schöpfungen jeder Zeit zu geben.“[20]

Der Bildungsanspruch und der Wunsch, die mittelalterliche Kunst strukturiert an den Leser oder Betrachter zu vermitteln, sind in seinem Vorwort allgegenwärtig. Gleichzeitig ist der Verweis auf ältere Publikationen, hier die von Séroux d’Agincourt, die den zeitgenössischen Bedürfnissen nicht mehr entsprechen können, nicht nur ein Zeichen für den schnellen Wandel der Visualisierungsstrategien[21], sondern auch ein Beispiel für die ständige wissenschaftliche Kommunikation innerhalb und zwischen den Publikationen.

Im Rahmen des wissenschaftlichen Diskurses erhält gerade die Autorkategorie eine besondere Wichtigkeit. Der Autor bürgt mit seinem Namen für die Richtigkeit der dargestellten Ergebnisse und kann gegebenen Falls für Fehler verantwortlich gemacht werden – beispielsweise indem die Vorgehensweise als inadäquat bestimmt oder seine Erkenntnisse widerlegt werden. Diesen Druck kann der Autor durch eine wissenschaftliche Arbeitsweise, indem er zum Beispiel seine Quellen offenlegt und seine Behauptungen stichhaltig begründet, abmildern. Diese bis heute übliche Vorgehensweise findet sich auch in den Publikationen aus dem 19. Jahrhundert.

Kallenbach moniert in seinem Vorwort auch das Fehlen anderer umfassender, architekturgeschichtlicher Überblickswerke. Diese Lücke soll die nachfolgende Publikation füllen, die als Lehrbuch konzipiert ist und somit in erster Linie einen kunstvermittelnden Anspruch hat:

„Wenn gleich der mittelalterlich-deutschen Baukunst bisher vielerlei kunstwissenschaftliche Arbeiten gewidmet wurden, so hat man dennoch vergeblich nach Werken gefragt, welche einerseits eine allgemeine Uebersicht der beachtenswerthen Alterthümer, andererseits wieder die historische Behandlung der altdeutschen Architektur in ihrer Gesammtheit, wie in allen einzelnen Formen, und somit ein Lehrbuch darbieten, wie das Zeitbedürfniß solches verlangt.“

Sowohl bei Guhl als auch bei Kallenbach gibt es eine schriftliche Abhandlung und einen separat zu erwerbenden Abbildungsteil. Beide Elemente funktionieren dementsprechend unabhängig von einander und es muss davon ausgegangen werden, dass sie auch je nach Leserbedürfnis einzeln verwendet wurden. Diese Tatsache ermöglicht einen interessanten Einblick in die Entstehungsprozesse der Werke. Der Tafelband von Ernst Guhl und Joseph Caspar wurde begleitend zum Handbuch der Kunstgeschichte von Dr. Franz Kugler, Professor an der königl. Akademie der Künste zu Berlin, das zwei Jahre zuvor veröffentlicht wurde, konzipiert. Dieser Umstand erklärt, weshalb in den Peritexten verschiedene Akteure das Vorhaben schriftlich kommentieren. Das bereits zitierte Vorwort wurde von Dr. H. Merz verfasst. Leider konnte seine Identität im Rahmen der hier ausgeführten Recherchen nicht genau geklärt werden. Aus den Texten selbst geht jedoch hervor, dass er an der Veröffentlichung des ersten Tafelbandes gemeinsam mit Prof. A. Voit beteiligt war. Es ist davon auszugehen, dass der Verfasser selbst als Kunsthistoriker tätig war und ihm diese Verantwortung als ehrenvolle Geste zukam. Diesem folgt ein Vorwort von Ernst Guhl, indem vor allem die entstehungsgeschichtlichen Umstände der Bände erläutert werden:

„Es sei dem Unterzeichneten vergönnt, den trefflichen Einleitungsworten des Herrn Dr. Merz einige Bemerkungen hinzuzufügen, zu denen sich derselbe durch seine Stellung als jetziger Herausgeber, als auch durch die Forderung verpflichtet erachtet, dem Publikum von dem bisherigen Verlauf und dem gegenwärtigen Stande des Unternehmens Rechenschaft zu geben.“

Guhl geht außerdem sehr detailliert auf weitere beteiligte Akteure ein, die er namentlich und mit ihrer jeweiligen Funktion während des Entstehungsprozesses benennt:

„[…] Nachdem äussere Umstände die Herausgabe der zweiten Lieferung um mehr als ein Jahr verzögert hatten, wurde die Redaktion des Werkes von dem Unterzeichneten in Gemeinschaft mit dem rühmlichst bekannten Kupferstecher Herrn Jos. Caspar in Berlin übernommen. […] Von der dritten Lieferung ab (Taf. 17ff.) beginnt dann die ausschliessliche Leitung des Unternehmens durch die jetzigen Herausgeber, und zwar ist dieselbe so geregelt, dass, […] der Unterzeichnete den wissenschaftlichen Theil der Arbeit, d.h. die Auswahl der darzustellenden Gegenstände, sowie deren Anordnung auf den einzelnen Tafeln, und endlich die Abfassung des Textes, Herr Caspar dagegen die Leitung der künstlerischen Ausführung übernommen hat. Was nun diese letztere betrifft, so rühren die Zeichnungen ihrem architektonischen Theile nach von dem Maler Herrn Riefstahl, dem figürlichen Theile nach von Herrn Becker in Berlin her; der Stich, der ebenso wie die Zeichnungen wegen der Mannigfaltigkeit und der meist sehr geringen Dimension der einzelnen Darstellungen, mit besonderen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, von Herrn Gugeler in Stuttgart. […]“

Die ausführliche Schilderung der Aufgabenverteilung ermöglicht dem Leser eine eigenständige Bewertung der einzelnen Ergebnisse aus den jeweiligen Verantwortungsbereichen und garantiert somit die bereits genannte wissenschaftliche Autorkategorie. Kallenbach begnügt sich dagegen mit folgender Bemerkung im Vorwort zur schriftlichen Abhandlung:

„Die beigegebenen Zeichnungen sind in der Art ausgestattet, daß sie nicht nur die verschiedenartigsten Grundrisse und Aufrisse sowie die gebräuchlichsten Ornamente aller Zeiten, ihrer Entstehung und weiteren Umwandlung nach darbieten, sondern auch die Aufrisse der angesehen alten Kirchen und Thürme anschaulich machen.“

Im Tafelband fügt er hinzu:

„Von allen Gebäuden sind die interessantesten Theile, und Grundrisse nur dann gegeben, wenn sie als besonders instructiv erscheinen, so dass mit Vereidung jeder Weitläufigkeit, überall nur das Characteristische hervorgehoben werden soll. Die Zeichnungen selbst sind geometrische, jedoch zum bessern Verständniss des Reliefs mit einer besondern Art leichter Schattirung behandelt.“

Damit trennt er seinen Namen und damit seine Autorenpersönlichkeit nicht von den einzelnen Arbeitsschritten und zeigt sich für das Gesamtergebnis verantwortlich.

In dieser ersten oberflächlichen Charakterisierung der Produktionsbedingungen werden unterschiedliche Vermittlungsfiguren deutlich, die den Visualisierungsprozess und damit die Ästhetik der medialen Wahrheit steuern. Grundsätzlich steht dabei der Autor oder Herausgeber der Bände an erster Stelle. Gleichwohl findet sich gerade in der Publikation, die Ernst Guhl verantwortete, der Hinweis auf weitere beteiligte Akteure. Diese Aufspaltung der Verantwortlichkeiten und die Vielstimmigkeit der Vermittlungsinstanzen ist diesen medienübergreifenden Publikationen grundlegend inhärent. Die Transparenz im Umgang mit diesem Umstand markiert jedoch ein differentes Verständnis von wissenschaftlicher Authentizität. Die Pluralität der Perspektiven in Ernst Guhls Bänden ermöglicht eine Verifizierung der Ergebnisse, während Kallenbach als alleiniges Korrektiv auftritt:

„Meine vielfachen Reisen in ganz Deutschland, welche ich Behufs der Aufnahme für meine Modellsammlung machen muss, geben mir Gelegenheit, nicht nur die schönsten, sondern sehr oft auch unbekanntere interessante mittelalterliche Denkmäler zu sehen. Ich glaube daher, durch die Veröffentlichung der Resultate meiner künstlerischen Reise eine Lücke in der Kunstgeschichte auszufüllen, indem eine chronologisch geordnete Sammlung ihrer interessantesten Denkmäler bis jetzt noch vermisst wurde.“

In ähnlicher Weise verfährt auch Alexander Freiherr von Minutoli, der sich jedoch nicht selbst zu den Ausführungen berufen fühlte, sondern seinen (indirekten) Auftraggeber benennt: „Eure Königliche Majestät geruhten im Jahre 1835 die von mir entworfenen Zeichnungen des Doms zu Drontheim Allerhöchste Aufmerksamkeit zu würdigen. Allerhöchstdieselben waren der Erste, welcher die hohe Schönheit erstmals erkannte, und mich zur Herausgabe desselben ermunterte.“ In der Widmung aus der Publikation von Ernst Guhl wird dagegen erneut das im Verlag versammelte Kollektiv beteiligter Akteure deutlich: „Seiner Majestät dem König Friedrich Wilhelm IV. von Preussen. Dem Hohen Kenner und Grossmüthigen Beschützer der Kunst widmet dieses Werk Deutscher Wissenschaft und Deutschen Fleisses. In tiefster Ehrfurcht die Verlagshandlung.“

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Visualisierung mittelalterlicher Architektur muss an dieser Stelle genannt werden. Der architekturhistorische Diskurs wird allein durch die Auswahl der Bauten gesteuert, die Auswahl findet als bewusster Akt statt. Zwar versucht Freiherr von Minutoli die skandinavische Kultur zu charakterisieren und die architektonischen Baustile in eine Kunstgeschichte einzuordnen, viel größere Bedeutung misst er jedoch dem einzelnen, in der Publikation monographisch dargestellten Dom von Drontheim zu.

„[…] Im Dome zu Drontheim glaube ich das Centrum dieser Nordnischen Kunstthätigkeit gefunden zu haben, und der hauptsächliche Zweck der vorliegenden Arbeit ist, für dieses edle Kunstwerk den ihm gebührende Plazt unter den Baudenkmälern des Mittelalters in Anspruch zu nehmen. Wenn ich demselben eine der ersten Stellen selbst unter den ausgezeichnetsten jener Monumente einräume, wenn ich ferner geradehin behaupte, daßs es in Bezug auf Genialität der Erfindung, Reinheit des Styls, Vollendung der Ausführung, Kostbarkeit des Materials, Größse und Erhabenheit des Eindrucks das erste seiner Zeit ist, so wird es billig befremden, daßs den eisigen Fluren des Nordens eine solche Blüthe entsprießsen konnte. Noch auffallender aber mag es erscheinen, wenn ich diesem Kunstwerke einen erheblichen Einflußs auf die Architekturgeschichte und namentlich auf die Entwickelung des mittelalterlichen Baustyls nicht nur im Norden, sondern auch in anderen Theilen der Welt zuschreibe und überhaupt nicht allein den Normännischen, sondern selbst den Gothischen Styl aus Scandinavien herleite. […]“

Mittelalterlicher Architektur ist alltäglich in den Städten Europas im 19. Jahrhundert präsent. In der langen Tradition der apodemischen Literatur werden außerdem viele mittelalterliche Bauten zusätzlich im allgemeinen Bewusstsein verankert, auch ohne deren visuelle Vermittlung. Nur wenige der Bauten waren bis ins 18. Jahrhundert überhaupt durch Abbildungen wie Grundrisse, Schnitte oder Ansichten dokumentiert.[22] Einige der Monumente sind leicht zugänglich und die Autoren und Herausgeber der Tafelbände kennen sie aus eigener Anschauung. Andere Bauwerke können dagegen nicht immer persönlich besichtigt werden, sodass die Wissenschaftler auf bereits bestehendes Material zurückgreifen müssen oder eigenständige Arbeitsgruppen mit der Dokumentation beauftragen müssen. Gerade für die mittelalterlichen Bauwerke gab es nur eine begrenzte Anzahl an visuellen Vorlagen. Ein großer Teil dieser Objekte entstanden aus dem Interesse der lokalen Gemeinschaften. Beispielsweise bei Souveniren und Anschauungsmaterial, das dem Städtelob diente.[23] Im Laufe des 19. Jahrhunderts beginnt eine mehr oder weniger systematische Aneignung der Bestände, die jedoch von den jeweiligen Auftraggebern, Beteiligten und auch der zeitgenössischen Infrastruktur abhängig war. Selten wurde die Auswahl der Monumente über eine bloße Qualitätsbekundung hinaus begründet. Freiherr von Minutolis These macht auch deutlich, dass die Bilder hier als empirischer Ausgangspunkt verstanden werden sollen. Seine Argumentation soll mit visuellen Mitteln nachvollzogen werden können. Diese Vorgehensweise ist „im Anspruch ein Novum“[24] im 19. Jahrhundert. Wie auch in den Naturwissenschaften soll die wissenschaftliche Bauanalyse im visuellen Medium die Architektur lesbar und klassifizierbar machen. Ziel der Visualisierungen des Drontheimer Doms ist demenstprechend diejenigen Merkmale herauszupreparieren, die die These des Autors stützen und die vergleichbar mit anderen kanonisierten architektonischen Formen sind.

Der wissenschaftliche Anspruch, der alle drei Publikationen vereint müsste eigentlich an der Verschiedenheit ihrer Formen und Intentionen scheitern. Stattdessen wird jedoch deutlich, dass das Bild in allen drei Fällen auf unterschiedliche Art und Weise dazu genutzt wird eine bestimmte Argumentation, oder eine Narration, zu unterstützen oder diese gänzlich eigenständig zu führen. Die sie umgebenden Paratexte lenken den Betrachter bei der Rezeption und geben gleichzeitig Aufschluss darüber, welche weiteren Faktoren auf die Wiedergabe wirkten. Niehr definiert den Charakter dieser Visualisierungsmethoden folgender Maßen: „Der dokumentarische Charakter des Bildes geht weit über die einfache Schilderung der Gegebenheiten hinaus. Er ist Repräsentationsmedium und kann als solches mehrere Schichten von Wirklichkeit transportieren, zeigt demnach weniger oder nicht allein das Ding an sich, sondern imaginiert Zustände dieses Dings.“[25]

Die Ästhetik der Wahrheit im Buchmedium

Die Ästhetik der Wahrheit kann in unterschiedlichen Dimensionen betrachtet werden, wie das geisteswissenschaftliche Kolleg der Studienstiftung unter Leitung von Prof. Dr. Marcel Machill deutlich machte: Dazu gehören die Inszenierung, die Macht, die Ignoranz und der Narzissmus. Sicherlich finden sich für alle der vier Dimensionen auch interessante Aspekte in den hier vorgestellten Medien. Dennoch möchte ich mich abschließend auf die Diskussion zur Inszenierung und der Dimension der Macht konzentrieren.

In den vorherigen Abschnitten konnten folgende Gestaltungsmerkmale der visuellen Inszenierung festgehalten werden: Die Bauwerke werden durch Staffagefiguren, szenische Darstellungen und die Lichtführung in eine historisierende Erzählung eingebettet. Diese imaginierten Wahrheiten dienen der Kontextualisierung der Objekte und deren Eingliederung in Argumentationsstrukturen. Bei der Übertragung in das visuelle Medium findet eine Ästhetisierung durch die Anordnung nach konventionellen Kompositionsmustern (Rahmung, Symmetrie, Zentralisierung) und die technische Bearbeitung statt. Dieser Prozess kann als Übersetzung einer (faktischen) Wahrheit, der des Originalobjektes, in das Bildmedium verstanden werden. Das Bild gilt in der Wissenschaftsgeschichte traditionell als angemessenes Medium, um visuell in Erscheinung tretende Dinge wiederzugeben – teilweise sogar vorzugsweise vor der Sprache.[26] Die Überlegenheit der visuellen Darstellung der bildenden Kunst über ihrer sprachlichen Beschreibung scheint für den angegebenen Zeitraum ein grundlegendes Merkmal zu sein: nicht nur in Vorwörtern wird dieser Anspruch deutlich, sondern auch in der großen Anzahl reiner Tafelwerke mit wenigen oder gar keinen Textzugaben.

Anhand der genannten Beispielblätter konnte hier veranschaulicht werden, dass die originalen Baudenkmäler unterschiedlich visuell vermittelt werden. Die Auflösung der originalen Gesamtstruktur der Architektur durch Ausschnitte und die Darstellung in ausgewählten Details ist die Grundlage der vergleichenden Betrachtung innerhalb der Publikationen. Gleichzeitig werden durch die verschiedenen Ansichten und Darstellungsformen unterschiedliche Perspektiven auf das Originalobjekt generiert, die die ursprüngliche Dreidimensionalität suggerieren oder den Betrachterfokus steuern sollen. Unabhängig von der jeweiligen künstlerischen Form liegt ihnen jedoch die Annahme zugrunde, einen Mehrwert für die (beispielsweise rein textuelle) Präsentation zu bieten. Aus rezeptionsästhetischen Analysen geht außerdem hervor, dass Darstellungsweisen und innerbildliche Verweisstrukturen (wie Staffagefiguren) die Authentizität, Historizität oder Wissenschaftlichkeit der Visualisierungen bestimmen.

Doch welche Funktion übernehmen diese Visualisierungen? Aus den Analysen der Paratexte wurde deutlich, dass die Auswahl der Objekte und deren Inszenierung auf dem jeweiligen Interesse des Herausgebers und den Auftraggeber beruht. Alle genannten Akteure wirken auf die Inszenierungsprozesse ein und bestimmen damit auch die Rezeption des Endproduktes. Dieser Aspekt kann in der Dimension der Macht aufgegriffen werden. Die Gegenüberstellungen verschiedener Baudenkmäler oder deren Einordnung in ein übergreifendes Klassifikationssystem (z.B. in eine chronologische Abfolge/Stilgeschichte) erfordert eine Definition der jeweiligen Ordnungssysteme. Es stellt sich die Frage, wer diese Ordnungssysteme definiert, welche Deutung die einzelnen Bauwerke in der Gesamtkomposition des Werkes erhalten und welche Rolle sie anschließend im architekturwissenschaftlichen Diskurs eingenommen haben.

Die Annahme, dass die Publikationen dazu dienen, ein (nationales) Baudenkmal zu konstruieren und es damit für eine spezifische Narration oder Interpretation nutzbar machen, liegt auf der Hand. Die in dieser Abhandlung analysierten Tafeln entwerfen und interpretieren diese Narration(en). Im 19. Jahrhundert ist die nationale Komponente der Architekturgeschichte ein wesentliches Bewertungs- und Analysekriterium.[27] Die Gotik wird in deutschsprachigen Publikationen als deutsche Baukunst bezeichnet. Das Wunschbild der idealen Gesellschaft nach der französischen Revolution wird auf das Mittelalter projiziert. Niehr konstatiert, dass mittelalterliche „künstlerischen Arbeiten […] folglich problemlos in die ihnen vom 19. Jahrhundert bestimmte Rolle als positive nationale Artefakte hinein[wachsen].“[28]

Die Kunst und die Kunstwissenschaft wird damit zum Politikum. Deutlichstes Beispiel für diese Tendenzen ist der Streit um die Fertigstellung des Kölner Doms. Die Kontrahenten stritten um die Treue zur Formengeschichte und der Umsetzung einer historistischen Ideologie. Boisserée scheiterte mit dem Versuch eine Geschichte der Gotik mit Beginn am Kölner Dom zu konstruieren. Ebenso wie Freiherr von Minutoli daran scheiterte den Ausgangspunkt der Gotik für die Kunstwissenschaft neu zu definieren. Wissenschaftliche Tafelbände waren in besonderem Maße dazu geeignet, patriotische und nationale Komponenten zu bestärken. Dies lässt sich auch auf das epistemische Potenzial zwei- und dreidimensionaler Bilder zurückführen: auf das Bild selbst als erkenntnisgenerierendes Medium. Dieses Potenzial wird dann deutlich, wenn in den Werken nicht nur Wissen veranschaulicht und wissenschaftliche Inhalte repräsentiert werden, sondern in ihnen Erkenntnis unmittelbar generiert wird, beispielsweise eben zugunsten einer bestimmte Narration. Die Kunstwerke werden dann zu einem Ort der expérience, einer Interaktion zwischen Bild und Betrachter, die aus der Adressierung und Einbindung der perzeptiven Aktivität des Rezipienten resultiert und in der Wissen erfahrbar gemacht wird.[29]

Kann man nun also davon sprechen, dass in den Tafelbänden des 19. Jahrhunderts eine Wahrheit wiedergegeben wird? Im Gegenteil konnte gezeigt werden, dass es viele verschiedene Formen, Perspektiven auf die Originalobjekte gibt, die durch unterschiedliche Inszenierungsstrategien und die Einflussnahme einzelner Akteure maßgeblich geformt werden. Die Ästhetik der medialen Wahrheit im druckgraphischen Bildmedium zeichnet sich folglich durch ihr mehrschichtiges und in ihren Dimensionen eng verwobenes Konstrukt aus, das keineswegs nur eine Wahrheit zulässt, sondern zahlreiche ‚Hülfs-Mittel‘.


Anmerkungen

[1] Als Beispiele für hier gemeinte Ausstellungskonzeptionen können das Germanische Nationalmuseum (ab 1852), das Schweizerische Landesmuseum (1892-1898), das historische Museum Bern (1892-1896) oder das Bayrische Nationalmuseum (1894-1900) genannt werden.

[2] Neben dem von Wolfgang Brückle, Pierre Allain Mariaux und Daniela Mondini herausgegebenen Sammelband Musealisierung mittelalterlicher Kunst (2015), dem Band Die Musealisierung der Nation. Ein kulturpolitisches Gestaltungsmodell des 19. Jahrhunderts (2015) herausgegeben von Constanze Breuer, Bärbel Holtz und Paul Kahl oder Beiträgen in der von Bernward Deneke und Rainer Kahsnitz herausgegebenen Publikation Das kunst- und kulturgeschichtliche Museum im 19. Jahrhundert (1977), findet gerade die architektonische, räumliche Vermittlung und Visualisierung des Mittelalters in Ausstellungskonzepten im Rahmen der Arbeiten von Markus Thome (2015a, b; 2018) Beachtung. Einen Blick auf die Geschichte der Architekturausstellung gewährt der Band Architektur ausstellen (2015) herausgegeben von Carsten Ruhl und Chris Dähne.

[3] Burioni, Matteo; Hefele, Franz (2016): II. Vergleichende Architekturgeschichte. In: Matteo Burioni (Hg.): Weltgeschichten der Architektur. Ursprünge, Narrative, Bilder 1700-2016. Passau: Dietmar Klinger Verlag (Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München, 40), S. 91–93. hier S. 91.

[4] Noell, Matthias (2006): „Standards of taste“. Augustus Carles Pugin und die „Soecimens of the Architectural Antiquities of Normandy“. In: Bernd Craqué, Daniela Mondini und Matthias Noell (Hg.): Visualisierung und Imagination. Materielle Relikte des Mittelalters in bildlichen Darstellungen der Neuzeit und Moderne, Bd. 2. 2 Bände. Göttingen: Wallstein Verlag, S. 417–464. Hier S. 448.

[5] Mondini, Daniela (2006): Die ‚fortuna visiva‘ römischer Sakralbauten des Mittelalters. Christliche Kultpromotion und antiquarisches Wissen in Publikationen des 17. bis 19. Jahrhunderts. In: Bernd Craqué, Daniela Mondini und Matthias Noell (Hg.): Visualisierung und Imagination. Materielle Relikte des Mittelalters in bildlichen Darstellungen der Neuzeit und Moderne, Bd. 1. 2 Bände. Göttingen: Wallstein Verlag, S. 253–314. Hier S. 255-6.

[6] Mondini, Daniela (2006), S. 256.

[7] Mondini, Daniela (2005): Mittelalter im Bild. Séroux d’Agincourt und die Kunsthistoriographie um 1800. Zürich: Zürich InterPublisher (ZIP) (Züricher Schriften zur Kunst-, Architektur- und Kulturgeschichte, 4). S. 135.

[8] Mondini, Daniela (2005), S. 246.

[9] Niehr, Klaus (1999): Gotikbilder-Gotiktheorien. Studien zur Wahrnehmung und Erforschung mittelalterlicher Architektur in Deutschland zwischen ca. 1750 und 1850. Berlin: Gebr. Mann Verlag. S. 230.

[10] Niehr, Klaus (1999), S. 228-231.

[11] Niehr, Klaus (2006): Dem Blick aussetzen. Das exponierte Kunstwerk. In: Bernd Craqué, Daniela Mondini und Matthias Noell (Hg.): Visualisierung und Imagination. Materielle Relikte des Mittelalters in bildlichen Darstellungen der Neuzeit und Moderne, Bd. 1. 2 Bände. Göttingen: Wallstein Verlag, S. 51–102. Hier S. 55.

[12] Burwick, Frederick (2015): Romanticism: Keywords. Malden, Oxford: John Wiley & Sons, Ltd. S.66.

[13] Niehr, Klaus (2006): Dem Blick aussetzen. Das exponierte Kunstwerk. In: Bernd Craqué, Daniela Mondini und Matthias Noell (Hg.): Visualisierung und Imagination. Materielle Relikte des Mittelalters in bildlichen Darstellungen der Neuzeit und Moderne, Bd. 1. 2 Bände. Göttingen: Wallstein Verlag, S. 51–102. Hier S. 89, Fußnote.

[14] Guhl, Ernst; Caspar, Joseph (1851): Denkmäler der Kunst zur Übersicht ihres Entwicklungs-Ganges von den ersten künstlerischen Versuchen bis zu den Standpunkten der Gegenwart. Erster Band. Denkmäler der Alten Kunst. Begonnen von Prof. A. Voit in München. Stuttgart: Verlag von Ebner & Seubert. S. VII Vorwort von Dr. H. Merz.

[15] Burioni, Matteo; Hefele, Franz (2016): II. Vergleichende Architekturgeschichte. In: Matteo Burioni (Hg.): Weltgeschichten der Architektur. Ursprünge, Narrative, Bilder 1700-2016. Passau: Dietmar Klinger Verlag (Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München, 40), S. 91–93. hier S. 91.

[16] Englert, Gaia. „Bartschs Bücher“. In: Brakensiek, Stephan; Michels, Anette; Sors, Anne-Katrin (Hrsg.). Copy Right. Adam von Bartsch. Kunst, Kommerz, Kennerschaft. Petersberg 2016. S. 283.

[17] „Ein Gebäude zu restaurieren bedeutet nicht, es in Stand zu halten, zu reparieren oder wieder aufzubauen, sondern es in einen vollständigen Zustand zu versetzen, der zu vielleicht zu keine Zeitpunkt existierte.“ (Übers. GE) Eugène-Emmanuel Viollet-le-Duc. Dictionnaire raisonné de l’architecture francaise du Xie au XVIe siècle. (in 10 Bänden) Paris 1859-1868, Reprint Paris 1997, Bd. 8, S.14.

[18] Haskell, Francis (1993): History and its images. Art and the interpretation of the past. New Haven, London: Yale University Press. S.217.

[19] Stanitzek, Georg (2010): Buch: Medium und Form – in paratexttheoretischer Perspektive. In: Ursula Rautenberg (Hg.): Buchwissenschaft in Deutschland. Ein Handbuch, Bd. 1. 2 Bände. Berlin, New York: Walter de Gruyter GmbH, S. 157–200. Hier S. 189.

[20] Guhl, Ernst; Caspar, Joseph (1851): Denkmäler der Kunst zur Übersicht ihres Entwicklungs-Ganges von den ersten künstlerischen Versuchen bis zu den Standpunkten der Gegenwart. Erster Band. Denkmäler der Alten Kunst. Begonnen von Prof. A. Voit in München. Stuttgart: Verlag von Ebner & Seubert. S. VII Vorwort von Dr. H. Merz.

[21] Die entstehungsgeschichtlich bedingte späte Veröffentlichung d’Agincourts Histoire par les monuments und die auslaufende Aktualität der darin präsentierten Thesen und Bildmaterialien wird in besonderer Weise bei Daniela Mondini (2005) diskutiert.

[22] Philipp, Klaus Jan (2006): Mittelalterliche Architektur in den illustrierten ‚Architekturgeschichten‘ des 18. und frühen 19. Jahrhunderts. In: Bernd Craqué, Daniela Mondini und Matthias Noell (Hg.): Visualisierung und Imagination. Materielle Relikte des Mittelalters in bildlichen Darstellungen der Neuzeit und Moderne. 2 Bände. Göttingen: Wallstein Verlag, S. 378–416. Hier S.382.

[23] Philipp, Klaus Jan (2006): Mittelalterliche Architektur in den illustrierten ‚Architekturgeschichten‘ des 18. und frühen 19. Jahrhunderts. In: Bernd Craqué, Daniela Mondini und Matthias Noell (Hg.): Visualisierung und Imagination. Materielle Relikte des Mittelalters in bildlichen Darstellungen der Neuzeit und Moderne. 2 Bände. Göttingen: Wallstein Verlag, S. 378–416. Hier S.393.

[24] Mondini, Daniela (2005): Mittelalter im Bild. Séroux d’Agincourt und die Kunsthistoriographie um 1800. Zürich: Zürich InterPublisher (ZIP) (Züricher Schriften zur Kunst-, Architektur- und Kulturgeschichte, 4). S. 71.

[25] Niehr, Klaus (1999): Gotikbilder-Gotiktheorien. Studien zur Wahrnehmung und Erforschung mittelalterlicher Architektur in Deutschland zwischen ca. 1750 und 1850. Berlin: Gebr. Mann Verlag. S.80f.

[26] Die Verwendung von Kunstwerken und deren Visualisierungen als authentische, historische Dokumente wurde im Zuge des iconic turns breit diskutiert. Nur am Rande sollen hier die Publikation Darstellung und Deutung. Abbilder der Kunstgeschichte von Matthias Bruhn (2000) und die Ausgabe der Kritischen Berichte Mediale Brüche. Die Bildmedien der Kunstgeschichte herausgegeben von Annette Dogerloh/Ingeborg Reichle (2002) genannt werden.

[27] Dazu Klaus Niehr (1999), S. 219 oder Constanze Breuer, Bärbel Holtz und Paul Kahl (2015) u.v.m.

[28] Niehr, Klaus (1999): Gotikbilder-Gotiktheorien. Studien zur Wahrnehmung und Erforschung mittelalterlicher Architektur in Deutschland zwischen ca. 1750 und 1850. Berlin: Gebr. Mann Verlag. S.219.

[29] Hosseini, Anita. „Epilog: Das epistemische Potenzial der Malerei“, in: Dies. Die Experimentalkultur in einer Seifenblase: Das epistemische Potenzial in Chardins Malerei. Paderborn 2017. S.309-324.


Primärliteratur

Guhl, Ernst; Caspar, Joseph (1851): Denkmäler der Kunst zur Übersicht ihres Entwicklungs-Ganges von den ersten künstlerischen Versuchen bis zu den Standpunkten der Gegenwart. Erster Band. Denkmäler der Alten Kunst. Begonnen von Prof. A. Voit in München. Stuttgart: Verlag von Ebner & Seubert. S. VII Vorwort von Dr. H. Merz.

Viollet-le-Duc, Eugène-Emmanuel (1859-1868). Dictionnaire raisonné de l’architecture francaise du Xie au XVIe siècle. (in 10 Bänden) Paris, Reprint Paris 1997, Bd. 8, S.14.

Kallenbach, Georg Gottfried (ca. 1847). Atlas zur Geschichte der deutsch-mittelalterlichen Baukunst (Atlas). München.

Alexander Freiherr von Minutoli (1853) „Der Dom zu Drontheim und die mittelalterliche christliche Baukunst der scandinavischen Normannen“, Berlin.


 

Sekundärliteratur

Breuer, Constanze; Holtz, Bärbel; Kahl, Paul (Hrsg.) (2015). Die Musealisierung der Nation. Ein kulturpolitisches Gestaltungsmodell des 19. Jahrhunderts. Berlin, Boston.

Brückle, Wolfgang; Mariaux, Pierre Alain; Mondini, Daniela (Hrsg.) (2015). Musealisierung mittelalterlicher Kunst. Anlässe, Ansätze, Ansprüche. Berlin München.

Bruhn, Matthias (2000). Darstellung und Deutung. Abbilder der Kunstgeschichte. Weimar.

Burioni, Matteo; Hefele, Franz (2016): II. Vergleichende Architekturgeschichte. In: Matteo Burioni (Hg.): Weltgeschichten der Architektur. Ursprünge, Narrative, Bilder 1700-2016. Passau: Dietmar Klinger Verlag (Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München, 40), S. 91–93.

Burwick, Frederick (2015): Romanticism: Keywords. Malden, Oxford: John Wiley & Sons, Ltd. S.66.

Dogerloh, Annette; Reichle, Ingeborg (Hrsg.) (2002). Mediale Brüche. Die Bildmedien der Kunstgeschichte (Kritische Berichte 30/1). Marburg.

Englert, Gaia (2016). „Bartschs Bücher“. In: Brakensiek, Stephan; Michels, Anette; Sors, Anne-Katrin (Hrsg.). Copy Right. Adam von Bartsch. Kunst, Kommerz, Kennerschaft. Petersberg 2016.

Haskell, Francis (1993): History and its images. Art and the interpretation of the past. New Haven, London: Yale University Press.

Hosseini, Anita (2017). „Epilog: Das epistemische Potenzial der Malerei“, in: Dies. Die Experimentalkultur in einer Seifenblase: Das epistemische Potenzial in Chardins Malerei. Paderborn 2017. S.309-324.

Mondini, Daniela (2005): Mittelalter im Bild. Séroux d’Agincourt und die Kunsthistoriographie um 1800. Zürich: Zürich InterPublisher (ZIP) (Züricher Schriften zur Kunst-, Architektur- und Kulturgeschichte, 4).

Mondini, Daniela (2006): Die ‚fortuna visiva‘ römischer Sakralbauten des Mittelalters. Christliche Kultpromotion und antiquarisches Wissen in Publikationen des 17. bis 19. Jahrhunderts. In: Bernd Craqué, Daniela Mondini und Matthias Noell (Hg.): Visualisierung und Imagination. Materielle Relikte des Mittelalters in bildlichen Darstellungen der Neuzeit und Moderne, Bd. 1. 2 Bände. Göttingen: Wallstein Verlag, S. 253–314.

Niehr, Klaus (1999): Gotikbilder-Gotiktheorien. Studien zur Wahrnehmung und Erforschung mittelalterlicher Architektur in Deutschland zwischen ca. 1750 und 1850. Berlin: Gebr. Mann Verlag.

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Noell, Matthias (2006): „Standards of taste“. Augustus Carles Pugin und die „Soecimens of the Architectural Antiquities of Normandy“. In: Bernd Craqué, Daniela Mondini und Matthias Noell (Hg.): Visualisierung und Imagination. Materielle Relikte des Mittelalters in bildlichen Darstellungen der Neuzeit und Moderne, Bd. 2. 2 Bände. Göttingen: Wallstein Verlag, S. 417–464.

Philipp, Klaus Jan (2006): Mittelalterliche Architektur in den illustrierten ‚Architekturgeschichten‘ des 18. und frühen 19. Jahrhunderts. In: Bernd Craqué, Daniela Mondini und Matthias Noell (Hg.): Visualisierung und Imagination. Materielle Relikte des Mittelalters in bildlichen Darstellungen der Neuzeit und Moderne. 2 Bände. Göttingen: Wallstein Verlag, S. 378–416.

Ritter, Joachim (1972). Historischen Wörterbuch der Philosophie, Band 2 D-F. Basel: Schwabe Verlag.

Stanitzek, Georg (2010): Buch: Medium und Form – in paratexttheoretischer Perspektive. In: Ursula Rautenberg (Hg.): Buchwissenschaft in Deutschland. Ein Handbuch, Bd. 1. 2 Bände. Berlin, New York: Walter de Gruyter GmbH, S. 157–200. Hier S. 189.

Thome, Markus (2014). „Mittelalterliche Architektur als Konstruktion eines Geschichtsbildes. Bau- und Ausstellungskonzepte für das Germanische Nationalmuseum zwischen 1871 und 1945“ In: Löw, Luitgard Sofie; Nuding, Matthias (Hrsg.). Zwischen Kulturgeschichte und Politik. Das Germanische Nationalmuseum in der Weimarer Republik und der Zeit des Nationalsozialismus. Nürnberg. S.25-45.

Thome, Markus (2015a). „Baukunst im Museum. Mittelalterliche Architektururteile als Anlass für historisierende Ausstellungsräume“ In: Brückle, Wolfgang; Mariaux, Pierre Alain; Mondini, Daniela (Hrsg.). Musealisierung mittelalterlicher Kunst. Anlässe, Ansätze, Ansprüche. Berlin München. S.76-96.

Thome, Markus (2015b). „Narrativer Überbau. Museumsarchitektur und Raumgestaltungen in Formen einer nationalen Baukunst“. In: Breuer, Constanze; Holtz, Bärbel; Kahl, Paul (Hrsg.) Die Musealisierung der Nation. Ein kulturpolitisches Gestaltungsmodell des 19. Jahrhunderts. Berlin, Boston. S.201-236.

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